Gekränkte Egos oder Führungsvakuum?
Wenn ich auf die letzte 20 Jahre meiner Arbeit mit Führungskräften zurückblicke, erinnere ich mich allzu gerne an diejenigen Führungskräfte, die Konflikte als Selbstverständlichkeit des menschlichen Daseins betrachten. Sie nehmen die Vielzahl an Interessen- Rollen-, Werte- und Zielkonflikten in Unternehmen wahr und behandeln die Konfliktparteien weder herablassend noch beleidigend.
Sie agieren behutsam in dem sie das komplexe Umfeld, sich selbst mit eingeschlossen, analysieren. Sie erstellen und überprüfen eigene Hypothesen, wobei sie aufmerksam eigenen Annahmen und Wertungen unter die Lupe nehmen.
Der Forschergeist ist gefragt und nicht die Parteinahme. Es gilt Wechselwirkungen zu sehen und zu klären: wurzelt der…
Gekränkte Egos oder Führungsvakuum?
Wenn ich auf die letzte 20 Jahre meiner Arbeit mit Führungskräften zurückblicke, erinnere ich mich allzu gerne an diejenigen Führungskräfte, die Konflikte als Selbstverständlichkeit des menschlichen Daseins betrachten. Sie nehmen die Vielzahl an Interessen- Rollen-, Werte- und Zielkonflikten in Unternehmen wahr und behandeln die Konfliktparteien weder herablassend noch beleidigend.
Sie agieren behutsam in dem sie das komplexe Umfeld, sich selbst mit eingeschlossen, analysieren. Sie erstellen und überprüfen eigene Hypothesen, wobei sie aufmerksam eigenen Annahmen und Wertungen unter die Lupe nehmen.
Der Forschergeist ist gefragt und nicht die Parteinahme. Es gilt Wechselwirkungen zu sehen und zu klären: wurzelt der Konflikt in gekränkten Egos oder in Unklarheiten von Rollen und Verantwortungen? Verursachen formelle und informelle Zwickmühlen die Unruhe oder überhörte Ansprüche? Sind das wirklich Konflikte oder bloß Missverständnisse? Geht es um ein Machtgerangel oder eine hitzige Expertenrunde? Gibt es Anzeichen einer konstruktiven Streitkultur oder muss ich dazwischen gehen, weil Menschen niedergemacht, beschämt und der Lächerlichkeit preisgegeben werden? Diese Chefs wissen auch, dass Konflikte oft Symptome des Machtvakuums sind, weil irgendjemand nicht in die Führung geht oder jemand seine Macht missbraucht.
Verwundbarkeit und gemeinsame Zukunft
Konflikte bedeuten Chaos. Ein Gegeneinander in einem Durcheinander, das verunsichert und verletzbar macht.
Doch gleichzeitig ist Chaos eine Inkubationszeit für unerwartete Lösungen. Ungeduld, rigides Durchgreifen, leugnen der eigenen Verwundbarkeit ist menschlich verständlich, doch bei einer nachhaltigen Konfliktlösung wenig hilfreich. Gerade die Preisgabe eigener Verwundbarkeit sorgt für das Aufwärmen von erkalteten Herzen. Ein Vertrauensvorschuss hilft, die Tür für eine gemeinsame Zukunft aufzustoßen.
Dem Menschlichen gewachsen sein
Gute Führungskräfte verbreiten mitten in Konfliktgeschehen keine Hoffnung, denn die lädt zu passiver Untätigkeit ein. Sie stecken Menschen mit Zuversicht an – einer handlungsbetonten Haltung. Latente Konflikte werden nicht verschwiegen oder notdürftig versorgt, da sie natürlicher Ausdruck der unternehmerischen Vielfallt sind, sie können Signale für den notwendigen Wandel bedeuten. Ein Konflikt bietet immer die Möglichkeit, sich selbst und die Beziehung zu anderen zu reflektieren. Das eigene Wertesystem und Verhalten überprüfen. Neues von der Konfliktpartei lernen. Führungskräfte, die Zuversicht verkörpern, stellen sich in Krisen eigenen Zweifeln, Ängsten und eigener Wut. Sie gehen wirklich dahin, wo es weh tut. Sie sind dem Menschlichen gewachsen.